Krankenhaus-Finanzreport Niedersachsen: Klinikum Wilhelmshaven

  1. Das Klinikum
  2. Datenbasis
  3. Betten
  4. Beschäftigte
  5. Entwicklung der Fallzahlen
  6. Entwicklung des Case-Mix-Indexes
  7. Entwicklung des Gesamtumsatzes
  8. Entwicklung des Gesamtaufwands
  9. Entwicklung des wirtschaftlichen Ergebnisses
  10. Entwicklung der betrieblichen Umsatzrendite
  11. Entwicklung des wirtschaftlichen Eigenkapitals
  12. Entwicklung der Liquidität
  13. Ausblick
  14. Quellen
  15. Verfasser

Das Klinikum

Das Klinikum Wilhelmshaven ist ein kommunales Krankenhaus der Schwerpunktversorgung. Es befindet sich in Trägerschaft der Klinikum Wilhelmshaven gGmbH, deren alleinige Gesellschafterin die Stadt Wilhelmshaven ist.

Das Klinikum Wilhelmshaven hat sich in der Vergangenheit vielfältigen Herausforderungen stellen müssen.

Im Jahr 2017 wurde das „Jahrhundert Projekt“ zum Neubau des Klinikums Wilhelmshaven beschlossen. Die Umsetzung dieses Vorhabens ist derzeit stark gefährdet. Aufgrund fehlender Jahresabschlüsse und der unsicheren wirtschaftliche Lage des Klinikums wurde die Bereitstellung wichtiger Finanzmittel von einer kreditführenden Bank im Jahr 2023 gestoppt. Die im Jahr 2021 begonnenen Baumaßnahmen ruhen daher bis auf weiteres. Darüber hinaus führten mutmaßliche Behandlungsfehler zu Strafanzeigen gegen Beschäftigte des Klinikums. Schlussendlich ist es im Klinikum in den vergangenen Jahren zu zahlreichen Wechseln im Führungspersonal gekommen.

Werbeanzeigen

Datenbasis

Basis für die Analyse sind die Jahresabschlüsse, die von der Klinikum Wilhelmshaven gGmbH im elektronischen Unternehmensregister veröffentlicht werden. Die Gesellschaft hat es jedoch in den vergangenen Jahren versäumt, die Veröffentlichungsfristen einzuhalten. Sämtliche Abschlüsse der Jahre 2018 bis 2022 sind deutlich verspätet erschienen. Auch liegt der Abschluss des Jahres 2023 im April 2025 noch nicht vor. Dieses Verhalten kann nicht als Vorbild guter Unternehmensführung gewertet werden.

Betten

Das Klinikum Wilhelmshaven verfügte in den Jahren 2018 bis 2022 im Mittel über 598 vollstationäre Betten. Hiervon entfallen circa 24 % auf die psychiatrische Versorgung.

Beschäftigte

Im Klinikum Wilhelmshaven wurden in den Jahren 2018 bis 2022 im Durchschnitt 1.512 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt.

Entwicklung der Fallzahlen

Vor der Corona-Pandemie waren die stationären Behandlungszahlen leicht im Wachstum begriffen. In den Jahren 2018 und 2019 wurden im Mittel 23.847 Patienten stationär aufgenommen. Hiervon waren circa 10 % psychiatrische Fälle. Im Jahr 2020, dem ersten Jahr der Corona-Pandemie, sank die stationäre Fallzahl im Vergleich zum Vorjahr um rund 16 %. Das Jahr 2021 war ebenfalls mit einem Rückgang der stationären Behandlungszahlen um 11 % verbunden. Im Jahr 2022 hat sich die Zahl der stationären Aufnahmen im Vergleich zum Vorjahr nur geringfügig verändert.

Insgesamt hat sich die Zahl der stationären Fälle innerhalb des Berichtszeitraums um rund 24 % reduziert.

Entwicklung des Case-Mix-Indexes

Der Case-Mix-Indes (CMI) lag vor der DRG-Neugestaltung bei einem Wert von 0,955 im Jahr 2018 und 0,937 im Jahr 2019. Nach der DRG-Umstellung und dem pandemiebedingten Patientenrückgang hat sich der CMI im Jahr 2020 reduziert und betrug 0,773. Im Jahr 2021 lässt sich ein Rückgang des CMI auf 0,747 feststellen. Im Jahr 2022 fiel der CMI auf 0,727.

Werbeanzeigen

Entwicklung des Gesamtumsatzes

Der Gesamtumsatz des Klinikums Wilhelmshaven setzt sich zum größten Teil aus den Erlösen aus Krankenhausleistungen zusammen. Die Erlöse aus ambulanten Leistungen des Krankenhauses sowie die Erlöse aus den Wahlleistungen und das Nutzungsentgelt der Ärzte haben eine eher untergeordnete Bedeutung.

Der Gesamtumsatz stieg von 106 Mio. € im Jahr 2018 um rund 12 % auf insgesamt 119 Mio. € im Jahr 2020. Der pandemiebedingte Abwärtstrend bei den Fallzahlen spiegelt sich nicht in der Umsatzentwicklung wider. Der Grund hierfür liegt in den staatlichen Zuschüssen zur Kompensation der Folgen der Corona-Pandemie. In den Jahren 2021 und 2022 ist der Gesamtumsatz hingegen um 2 % bzw. 3 % gesunken. Als Gründe sind der weitere Rückgang der stationären Behandlungszahlen, der gesunkene CMI und rückläufige Corona-Hilfen zu vermuten.

Entwicklung des Gesamtaufwands

Der Gesamtaufwand des Klinikums Wilhelmshaven ist von 115 Mio. € im Jahr 2018 um 17 % auf 134 Mio. € im Jahr 2022 angestiegen.

Einer der wesentlichen Kostenfaktoren ist der Personalaufwand. Diese ist von 74 Mio. € im Jahr 2018 um rund 17 % auf 87 Mio. € im Jahr 2022 gestiegen.

Es sind sowohl die gestiegenen Mitarbeiterzahlen als auch die höheren Tarif-Entgelte, die das Wachstum des Personalaufwands beeinflusst haben. Das Wachstum der Personalkosten ist aber im Vergleich zu anderen Kliniken gering ausgefallen.

Ein weiterer wichtiger Einflussfaktor auf den Gesamtaufwand ist der Materialaufwand, der von 2018 auf 2022 um 11 % angestiegen ist. Die Auswirkungen der Corona-Pandemie und des Ukraine-Krieges haben den Materialeinsatz leicht erhöht.

Entwicklung des wirtschaftlichen Ergebnisses

Zur Ermittlung des Jahresüberschusses wird der erwirtschaftete Gesamtertrag dem Gesamtaufwand gegenübergestellt.

Das Klinikum Wilhelmshaven arbeitete in den Jahren 2018 bis 2021 ausschließlich in der Verlustzone. Die deutliche Verbesserung der Gewinnsituation im Jahr 2022 war auf einen Ertragszuschuss der Stadt Wilhelmshaven als Alleingesellschafterin zurückzuführen.

Die Entwicklung des Jahresüberschusses wurde maßgeblich durch den Verlauf des Betriebsergebnisses beeinflusst. Das Betriebsergebnis des Klinikums Wilhelmshaven hat sich in den Jahren 2018 bis 2021 stetig verringert, da die Aufwendungen – insbesondere für Personal und Material – stärker gestiegen sind als die Umsatzerlöse.

Der Ertragszuschuss im Jahr 2022 hat den operativen Verlust lediglich kompensiert.

Entwicklung der betrieblichen Umsatzrendite

Die Entwicklung des wirtschaftlichen Ergebnisses spiegelt sich zunächst in dem Verlauf der betrieblichen Umsatzrendite wider. Diese Kennzahl setzt das Betriebsergebnis ins Verhältnis zum Umsatz des Klinikums Wilhelmshaven und dient somit als Indikator für die betriebswirtschaftliche Effizienz.

Die betriebliche Umsatzrendite des Klinikums Wilhelmshaven war in den Jahren 2018 bis 2021 stets negativ. Die im Jahr 2022 erzielte Rendite von rund 10 % ist als sanierungsbedingter Ausreißer anzusehen. Der Median der betrieblichen Umsatzrendite betrug -3 % und lag damit deutlich unter dem in der Versorgungsregion erzielten Zentralwert.

Die Eigenkapitalrentabilität setzt den Jahresüberschuss in Verhältnis zum Eigenkapital. Diese Kennzahl misst die Verzinsung des investierten Eigenkapitals.

Die Eigenkapitalrentabilität hat in den Jahren 2018 bis 2021 einen deutlichen negativen Verlauf genommen. Die Negativrenditen im dreistelligen Bereich sind insbesondere der schwachen Eigenkapitalausstattung geschuldet. Das Jahr 2022 ist wiederum als Ausreißer anzusehen. Der Median der Eigenkapitalverzinsung betrug -51 %. Ein Wert, der deutlich unter dem Zentralwert liegt, der in der Versorgungsregion realisiert wurde.

Entwicklung des wirtschaftlichen Eigenkapitals

Das wirtschaftliche Eigenkapital besteht neben dem bilanziellen Eigenkapital anteilig aus dem Sonderposten aus Zuwendungen zur Finanzierung des Sachanlagevermögens. Dieser spiegelt die öffentlichen Mittel wider, die Krankenhäusern zur Vornahme von Investitionen gewährt werden. Die wirtschaftliche Eigenkapitalquote ergibt sich aus dem Verhältnis des wirtschaftlichen Eigenkapitals zur Bilanzsumme.

Die wirtschaftliche Eigenkapitalquote des Klinikums Wilhelmshaven war innerhalb des Berichtszeitraums im niedrigen einstelligen Bereich. Die Erhöhung der im Jahr 2022 ist eine Folge der Sanierungsmaßnahmen der Stadt Wilhelmshaven. Der Median der wirtschaftlichen Eigenkapitalquote betrug 3 % und liegt somit deutlich unter der Idealquote von 30 %.

Entwicklung der Liquidität

Die Zahlungsfähigkeit des Klinikums Wilhelmshaven soll im Folgenden anhand der Liquidität 3. Grades beurteilt werden.
Im Zuge des Neubauprojekts wurden dem Klinikum umfangreiche Fördermittel und Kredite gewährt. Deren Verbuchung hat ab dem Jahr 2018 zu einer Verzerrung der Liquiditätslage geführt. Während die Liquidität 3. Grades in den Jahren 2018 und 2019 eher als schwach einzustufen ist, fallen die Werte für 2020 und 2021 überhöht aus.

Ende des Jahres 2022 bzw. Anfang 2023 stoppte eine kreditführende Bank die Auszahlung weiterer Mittel zur Umsetzung des Bauprojekts. Als Gründe wurden fehlende Jahresabschlüsse sowie die schwierige wirtschaftliche Lage des Klinikums angegeben. Der Liquiditätswert für das Jahr 2022 wurde vor dem Hintergrund dieser Entwicklung entsprechend angepasst. Daraus ergibt sich für das Jahr 2022 eine Liquidität 3. Grades von 177 %. Zu beachten ist jedoch, dass in diesem Wert auch die von der Stadt Wilhelmshaven geleisteten Liquiditätszuschüsse enthalten sind.

Ausblick

Der Insolvenzrisikowert misst das Risiko, dass ein Krankenhaus in den nächsten zwei Jahren in die Insolvenz geht. In die Berechnung des Insolvenzrisikowertes fließen Rendite-, Liquiditäts- und Stabilitätskennzahlen ein. Ein Risikowert unter 2 kennzeichnet eine hohe Insolvenzgefahr, eine akute Gefährdung der Einrichtung. Bei einem Score zwischen 2 und 3 ist das Krankenhaus zwar nicht akut insolvenzgefährdet, jedoch von finanziellen Schwierigkeiten bedroht. Ein Score über 3 kennzeichnet ein finanziell solides Krankenhaus.

Das Klinikum Wilhelmshaven wies im Berichtszeitraum eine deutliche Ertragsschwäche sowie eine unzureichende Eigenkapitalausstattung auf. Die Sanierungsmaßnahmen im Jahr 2022 führten lediglich zu einer kurzfristigen Entlastung. Die gewährten Fördermittel sorgten für eine temporäre Verbesserung des Working Capitals. Die Sperrung der Kreditmittel und der daraus resultierende Baustopp beeinträchtigten die Zukunftsfähigkeit des Klinikums erheblich. Daher ist die Einleitung umfassender Sanierungsmaßnahmen dringend erforderlich – insbesondere muss das Bauprojekt neu konzipiert werden.

Werbeanzeigen

Quellen

Klinikum Wilhelmshaven gGmbH (2018): Jahresabschluss zum Geschäftsjahr 01.01. 2018 bis zum 31.12. 2018.

Klinikum Wilhelmshaven gGmbH (2019): Jahresabschluss zum Geschäftsjahr 01.01. 2019 bis zum 31.12. 2019.

Klinikum Wilhelmshaven gGmbH (2020): Jahresabschluss zum Geschäftsjahr 01.01. 2020 bis zum 31.12. 2020.

Klinikum Wilhelmshaven gGmbH (2021): Jahresabschluss zum Geschäftsjahr 01.01. 2021 bis zum 31.12. 2021.

Klinikum Wilhelmshaven gGmbH (2022): Jahresabschluss zum Geschäftsjahr 01.01. 2022 bis zum 31.12. 2022.

Niedersächsisches Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung (Hrsg.) (2023): Niedersächsischer Krankenhausplan 2023.

Verfasser

Erstellt von Prof. Dr. Stefan Razik

Alle Rechte beim Verfasser

Letzte Aktualisierung am 07.05. 2025

Hinterlasse einen Kommentar