Die Re-Kommunalisierung im Krankenhaussektor: Ein kritischer Blick

Während noch vor einigen Jahren der Verkauf kommunaler Kliniken an private oder freigemeinnützige Betreibergesellschaften als eine sinnvolle Strategie zur Versorgungssicherung angesehen wurde, hat in der jüngeren Vergangenheit ein Umdenken eingesetzt. Die Kommunen überlegen nun ihre Klinikstandorte zu erhalten. In einigen Fällen wurden sogar ehemals kommunale Kliniken von privaten Trägern zurückgekauft. Auch auf Bundesebene wird laut darüber nachgedacht, zentrale Bereiche der Daseinsvorsorge, so auch die Gesund-heitsversorgung, nicht vollständig privaten Anbietern zu überlassen.

Die Gründe für dieses Umdenken sind vielfältig. Ein Hauptargument besteht in der Kritik, dass sich private Anbieter auf lukrative Krankenhausstandorte konzentrieren, während die nicht gewinnbringende Versorgung, insbesondere ländlicher Regionen, den Kommunen überlassen wird. Die Politik möchte nicht, dass die Krankenhausgewinne in die Privatwirtschaft wandern und die Verluste von den öffentlichen Kassen und somit vom Steuerzahler getragen werden. Aus dieser Perspektive erscheint es sinnvoll, eine überwiegend staatlich dominierte Krankenhausversorgung anzustreben.

Weiterhin hat die Corona-Pandemie, trotz aller staatlicher Ausgleichs-zahlungen, zu negativen wirtschaftlichen Auswirkungen bei vielen Kranken-häusern geführt. Hinzu kommt, dass als Folge des Ukraine-Kriegs ein deut-licher Anstieg bei den Energiekosten zu verzeichnen ist, der die wirtschaftliche Krise in vielen Krankenhäusern noch zu verschärfen droht.

Ohne weitere staatliche Hilfe bzw. Einflussnahme erscheint ein zuverlässiger Krankenhausbetrieb nur schwer durchführbar. Schlussendlich sollten die Interessen der Bürgerinnen und Bürger nicht außer Acht gelassen werden. Diese wünschen sich, dass es in ihrem regionalen Umfeld ein Krankenhaus gibt, welches seinen Versorgungsauftrag zuverlässig und kompetent wahr-nimmt. Nach Einschätzung vieler Bürgerinnen und Bürger können diese Vorgaben nur von den Kommunen selbst erfüllt werden.

Doch wie ist diese „Renaissance“ kommunaler Krankenhäuser zu bewerten? Haben die privaten Ketten wirklich versagt? Ist der Staat am Ende doch der bessere Träger, wenn es um den Betrieb von Krankenhäusern geht?

Die Gegner einer Verstaatlichung ausgewählter Wirtschaftsbereiche be-zweifeln, dass die öffentliche Hand die richtige Ansprechpartnerin ist, wenn es um das Angebot öffentlicher Dienstleistungen, wie etwa im Bereich des Gesundheitswesens, der Bildung, der Energie- und Wasserversorgung, etc., geht. Den staatlichen Akteuren wird häufig eine fehlende Service- und Qualitätsorientierung, ein mangelhaftes Management und ein intransparentes Handeln vorgeworfen.

In Bezug auf das Gesundheitswesen werden diese Vorwürfe häufig mit dem Hinweis auf das Verordnungs-Wirrwar in der Corona-Pandemie untermauert. Ebenso wird auf die schleppende Inbetriebnahme der Impfzentren verwiesen. Aber auch in den öffentlichen Krankenhäusern selbst ist es in der Vergangen-heit zu Pannen und Missständen gekommen: Wie etwa der Hygieneskandal im Uni-Klinikum Mannheim oder der Skandal um den „Todespfleger“ Nils Högel, der u.a. im städtischen Klinikum Oldenburg gearbeitet hat.

Auch werden sehr deutlich die wirtschaftlichen Schwierigkeiten angeführt, in den sich viele kommunale Krankenhäuser befinden. Wie etwa die Ubbo-Emmius Kliniken, bei denen der Landkreis Ostfriesland seit Jahren hohe Millionendefizite ausgleichen muss.

Den kommunalen Krankenhäusern soll hier nicht automatisch mit dem Vorurteil einer schlechten Unternehmensführung begegnet werden. Auch private und freigemeinnützige Kliniken haben Qualitätsprobleme und/oder realisieren Verluste. Zudem sind die rechtlichen und politischen Rahmen-bedingungen, in denen Krankenhäuser agieren müssen, äußerst und komplex und kompliziert, sodass bewusst die Frage aufgeworfen werden kann, ob ein effizienter und effektiver Betrieb von Krankenhäusern überhaupt noch möglich ist. Schlussendlich lässt sich aus der Literatur keine eindeutige Aussage herleiten, dass eine bestimmte Trägerschaft als Erfolgsfaktor anzusehen ist.

Dennoch ist folgendes herauszustellen: Der Aufbau und der Betrieb kommunaler Krankenhäuser erfolgt letztendlich auf der Basis von Steuer-geldern, die von der Allgemeinheit erbracht werden. Weiterhin werden kommunale Kliniken durch politische Entscheidungsträger gelenkt, die von der Bevölkerung gewählt worden sind. Kommunale Kliniken können daher im wahrsten Sinne des Wortes auch als „Bürger-Krankenhäuser“ angesehen werden.

Aus dieser Situation resultiert aber auch eine besondere Verantwortung, der sich die Kommunen bewusst werden müssen. Diese besteht zunächst darin, dass die Kommunen ihre Krankenhäuser durch entsprechende Aufsichts- bzw. Kontrollgremien wirksam führen und überwachen müssen. Nur so ist sicher-gestellt, dass sich der Auftrag einer angemessen medizinischen und pflegerischen Versorgung in einer Region auch wirklich umsetzen lässt. Ohne wirksame Führung und Überwachung lässt sich zudem die wirtschaftliche Stabilität einer kommunalen Klinik nicht verlässlich aufrechterhalten. Ebenso ist anzumerken, dass die geforderten Aufsichts- bzw. Kontrollgremien ihre Aufgaben nur dann effektiv wahrnehmen können, wenn diese durch ent-sprechend kompetente Mitglieder besetzt sind.

Schlussendlich ist von den Kommunen zu fordern, dass sie die wirtschaftliche Lage ihrer Kliniken ebenso transparent darstellen, wie die Güte der medizinischen und der pflegerischen Versorgung in den einzelnen Häusern. Ebenso gilt es die Management- und Entscheidungsprozesse in den Kliniken offen zu kommunizieren. Nur so ist den Bürgerinnen und Bürgern möglich zu beurteilen, ob ihr Krankenhaus in guter Hand ist.

Erstellt von Prof. Stefan Razik – Alle Rechte beim Verfasser

Werbeanzeigen

Hinterlasse einen Kommentar